Sonntag, 20. Januar 2013

Unfrei-willig ausgeliefert

Ihre mandelförmigen Augen blickten hilfesuchend zum Horizont. Sie war gerade schwer beladen wie eine Kaiila vom Schiff gestiegen, hinaus ins Unbekannte. Die Gegend wirkte nicht gerade vertrauenserweckend, von der Anlegestelle aus gehend gab es nichts weiter als einen kleinen Pfad, umringt von einem kleinen Waldstück. Mit mulmigem Gefühl griff sie an die Seile, die um ihre Arme geschlungen waren und das schwer beladene Gestell auf ihrem Rücken hielten. Die Gefährtin ihres Herrn hatte sie mit kühlem Blick und knappen Anweisungen auf das Schiff gescheucht, vorher hatte die Freie ihr ein Band mit dem Schlüssel für ihren Kragen um den Hals gelegt. Sie hatte sich nicht dazu geäussert, was dies bedeutete.

Shana konnte sich ihren Teil denken, als die Freie gehässig lachte und meinte, die Sklavin solle Valerius um die Münzen für die Rückfahrt bitten. Ob ihr Herr davon wußte? Ob es ihn interessieren würde?
Die Gedanken rauschten nur durch ihren Kopf, als sie vor dem offenen Tor stand, das der Zugang zum Lager der Legion sein sollte. Sie blieb nicht lange stehe und setzte ihren Weg mit schwerfälligen Schritten fort, das Gestell war mit reichlich Lebensmittel, Wein, Gemüse und Sa Tarna bestückt und zog sie förmlich in die Tiefe. Es dauerte nicht lang bis sie entdeckt wurde, erst von einem Wilden, der sie mit seinen toten Augen nur beiläufig musterte, später von einer Freien, die nur noch ein sehendes Auge hatte und im Vergleich zu Shana wie ein Riese wirkte. Sie versuchte sich zu erklären, aber wie sie es als Sklavin gewohnt war, interessierte es niemanden. Am Abend, als sie gerade dabei war, die schweren Kisten der Freien die Treppen hinunter zu schleppen, traf sie dann schließlich auf Valerius. Ein kurzer Wortwechsel und das was sich schon zu einem halbfertigen Bild entwickelte hatte, ergab mit mal ein ganzes. Ihre Herrin hatte noch offene Schulden bei dem Rarius und sie war Teil der Rückzahlung. Seufzend ergab sie sich ihrem Schicksal, sie konnte es sich eh nicht aussuchen wo und bei wem sie landete, manchmal wenn auch selten verfluchte sie ihr Dasein, auch wenn sie nichts etwas anderes kannte und eigentlich auch nicht kennen wollte. Dieses mal jedoch, hatte sie es gar nicht so schlecht getroffen. Das Lager war voll von kräftigen Rarii, den Männerschweiß konnte selbst im kleinen Waldstück noch riechen.

Shana - Kassia - Valerius
Sie kam nicht mal dazu, sich von der Reise zu erholen, schon wurde sie wieder auf ein Schiff mit einem Kriegertross geschickt, eingepfercht in einen Käfig. Als man sie kurz vor der Einfahrt in den Hafen hinaus ließ, staunte sie nicht schlecht - Lydius! Hier hatte sie lange Zeit gelebt, erst bei der Sängerin Sam, die die sanftmütigste Herrin war, die sie je kennen lernen durfte, und dann bei dem Händler Grae. Ihre Augen flackerten im Mondschein als sie mit zittrigen Beinen das Schiff verlassen durfte und den Boden betrat, den sie einst mit Küssen übersähte. Doch sie blieben nicht lang, die Rarii hatten sich in den Kopf gesetzt, ein mit Arer Zeichen versehenes Tarnschiff zu kapern, der Versuch den Administrator noch zu Verwicklungen mit Kasra zu befragen, ging aber im Chaos unter.


Täglicher Besuch von Fremden - Spione? Feinde?
Schnell hatte sie sich an das Lagerleben gewöhnt, zumal ihr Herr eines der besseren Quartiere bewohnte, von dem aus der Trainingsplatz in Spuckweite lag und sich das ganze Lager von oben herab bewundern ließ. Das blonde Ding, was an Valerius klebte wie Ungeziefer an einem Haufen Dung, war sich zu bequem mit Shana zu reden, oder war es gar die Eifersucht? Sie war blond! Wie neidete sie diese blonde Mähnen, deren Anblick schon allein die Männer zu den Geldbeutel greifen ließ. Dieses mal würde sie sich nicht in Mitleid ertränken, sondern um ihren Platz kämpfen, wie die Rarii auf dem Schlachtfeld, das hatte sie sich insgeheim geschworen, als der Rarius sie an seine Kette nahm. Die einäugige Freie beharrte zwar zwischenzeitlich, laut goreanischem Recht Eigentümerin von Shana zu sein, doch der Rarius war mit seiner Kraft, seinem Schwert und allein schon durch seine Männlichkeit der Frau weit überlegen und ließ sich von ihrem Geschwätz nicht beirren.
Die Tage im Lager waren lang und anstrengend, nur allmählich gewöhnte sich Shana an dessen eigenwilligen Tagesrythmus, durch die Gewohnheiten die eine Stadt mit sich bringt, war sie verwöhnt gewesen.
Einzig die Abende bargen Gelegenheit, das sie ihr Können unter Beweis stellen konnte, in welche Richtungen auch immer. Eines Abends durfte sie mit einer üppig gebauten Blonden ein Theaterstück aufführen, frei erfunden und in alle Richtungen lenkbar. Das Mädchen war das erste seit ihrer Ankunft im Lager gewesen, mit der sie ausgelassen und unbeschwert hatte lachen können. Und das obwohl sie blond war!
Eines hatte sie gelernt, was sie längst vergessen hatte - jede war für ihr Überleben selbst verantwortlich, die Männer erfreuen, konnten sie jedoch auch gemeinsam. Als alle sich bereits zur Ruhe gelegt hatten, schlich sie sich zum Lagerfeuer und sah verträumt in das Feuer. Auch wenn sie wußte das der Krieg nahte und alles ein jähes Ende haben könnte, fühlte sie sich das erste mal seit langem heimisch und geborgen. Leise flüsterte sie den Namen des stolzen Arer in die kühle Abendluft, bevor sie sich zurück in sein Zimmer schlich "Valerius...". Mit einem Lächeln auf den Lippen legte sie sich auf den weichen Teppich neben seinem Bett und schlief ein.

Shana



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